Vesuv: Avellino-Eruption
Der vierte plinianische Ausbruch, Pomici di Avellino, war die erste Eruption, deren Auswirkungen auf die am Vesuv lebenden Menschen durch archäologische Funde nachweisbar sind. Sie ereignete sich vor etwa 3800 Jahren[5] und verlief in nordöstliche Richtung über die heutigen Ortschaften Avellino, Nola und das Dorf San Paolo Bel Sito hinweg. Das Gebiet von Avellino, etwa 35 km vom Vulkan entfernt, wurde mit einer ca. 50 cm dicken Ascheschicht bedeckt. In unmittelbarer Umgebung des Vesuv betrug die Dicke der Ascheschicht sogar mehrere Meter. Beim Fundamentaushub für eine neue Autobahn nahe Avellino wurde 1972 erstmalig unter alten Schichten von Vulkanauswurf bronzezeitliche Keramik gefunden. Beim Bau eines Supermarktes in Nola 2001 entdeckte man einen verschütteten Schmelzofen aus derselben Epoche. Weitere Grabungen legten Reste eines kleinen Dorfes frei. Alle Häuser waren von dicken Ascheschichten aus eben dieser Zeit begraben und wurden, nach den Befunden des englischen Bronzezeit-Archäologen Simon Stoddart und des Italieners Giuseppe Vecchio von der Archäologiebehörde Neapel, von den damaligen Bewohnern in aller Eile verlassen. In unmittelbarer Nähe fanden sich viele Reste von Gebrauchsgegenständen sowie Skelette von Haus- und Nutztieren. Weil dieses Dorf angesichts des Vesuvausbruchs überstürzt verlassen und kurz darauf von dicken Asche- und Lavaschichten verschüttet und damit konserviert wurde, ist es in einem – für bronzezeitliche Siedlungen dieser Gegend – einmaligen Erhaltungszustand. Es ermöglicht einen tiefen Einblick in den Alltag der damals dort siedelnden Bauern, aber auch in die Sozialstrukturen und Eigentumsverhältnisse dieser Siedlung. Im nahen San Paolo Bel Sito entdeckten Archäologen schon 1970 die Skelette eines etwa 45-jährigen Mannes mit arthritischen Knochendeformationen und einer etwa 20 Jahre jüngeren Frau, die der italienische Anthropologe Pier Paolo Petrone als Opfer dieser Eruptionskatastrophe erkannte. Sie konnten – vermutlich aufgrund des für damalige Verhältnisse vergleichsweise hohen Alters des Mannes und der körperlichen Schäden, die die harte Landarbeit für beide mit sich brachte – den langen Fluchtweg nicht mehr schnell genug zurücklegen, der sie vor den nahenden Lava- oder Steinmassen gerettet hätte.
Bei Bauarbeiten für die neue Bahnhochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Neapel und Rom wurden im Sommer 2004 nahe der Stadt Afragola Tausende menschliche Fußspuren entdeckt. Geologische Analysen beweisen, dass die Abdrücke von bronzezeitlichen Bewohnern stammen, die vor der Avellino-Eruption flohen.